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LG Chemnitz: Keine Straßenbaupflicht in Sachsen

Der Termin mit dem Anwalt für Verkehrsrecht verlief sehr ernüchternd – Regressforderungen gegen die öffentliche Hand sind (zumindest wohl in Sachsen ) aussichtslos. Im Jahr 2012 hat die Kanzlei bereits erfolglos eine Klage vor dem Landgericht in Chemnitz geführt, bei der ein Kraftfahrer die durch Schlaglöcher an seinem Fahrzeug verursachten Schaden ersetzt haben wollte. Hier ein Auszug aus dem Urteil des Richter Nolting im Wortlaut:

Nach der Rechtssprechung (auch) des OLG Dresden […] muss ein Fahrzeugführer die Straßen so hinnehmen, wie sie sich ihm erkennbar darbietet. Dem Beklagten obliegt nämlich grundsätzlich keine Straßenbaupflicht. Er ist allenfalls gehalten, vor atypischen oder nicht rechtzeitig erkennbaren Gefahren durch Verkehrszeichen zu warnen. Der Beklagte hat Warnschilder aufgestellt […] Damit ist der Beklagte der ihm obliegenden Verkehrssicherungspflicht nachgekommen, eine Amtspflichtsverletzung liegt somit nicht vor.

Wenn zu Gunsten des Klägers unterstellt wird, dass die Warnschilder zu weit von der Unfallstelle entfernt aufgestellt wurden, ist die Klage trotzdem abzuweisen. Aus den vorliegenden Lichtbildern ergibt sich, dass es sich um eine Serie von Schlaglöchern hintereinander handelt, deren Tiefe nicht unerheblich ist. Das Gericht geht davon aus, dass Fahrbahnschäden der streitgegenständlichen Größe und Ausdehnung auch bei Dunkelheit gesehen werden können und müssen. Der Beklagte war deshalb nicht einmal gehalten überhaupt Warnschilder aufzustellen. Nach der Rechtssprechung darf ein Fahrzeugführer auch bei Dunkelheit nur so schnell fahren, dass er vor plötzlich auftauchenden Gefahrenstellen rechtzeitig anhalten kann. Hiergegen hat der Kläger offensichtlich verstoßen, denn er hat unter Berücksichtigung seines Vortrages die Schlaglöcher vor dem Durchfahren überhaupt nicht gesehen. Wenn der Kläger aber die Schlaglochserie nicht gesehen hat, muss davon ausgegangen werden, dass er zu schnell oder unaufmerksam oder beides gefahren ist. Dafür haftet die Beklagte aber nicht.

Die Meinung meines Anwalts dazu ist eindeutig – wenn man Schäden an seinem Fahrzeug vermeiden will, sollte man sein Auto besser über beschädigte Fahrbahnen tragen. Tut man das nicht, kommt man für alle daraus resultierenden Schäden auf. So einfach ist das. Für den Erzgebirgskreis und insbesondere die B101 bedeutet dies, dass demnächst wohl häufiger Verkehrsteilnehmer mit Schrittgeschwindigkeit anzutreffen sein werden – der Altkreis Annaberg und seine Kommunen haben bereits angekündigt, dass dieses Jahr nicht jedes Loch gestopft werden wird.

Damit ist das Thema Strassenzustand ein politisches: Solange wir Bürger uns nicht stärker für die Verkehrssicherheit unserer Straßen einsetzen, werden weiterhin bevorzugt Milliarden an notleidende Eurostaaten verschoben oder kostenintensive Projekte wie der Berliner Flughafen, Stuttgart21 oder die Hamburger Elbphilharmonie finanziert.

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