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Verdammt dazu ein Android zu sein

Ich wünsche mir nichts sehnlicher als endlich ein echtes Linuxtablet, denn bereits 2000 habe ich mein erstes Linux installiert – SuSE 7.2 wenn ich mich recht erinnere. 2008 dann bin ich komplett zu Linux migriert. Der Grundsatz freier, quelloffener, für jeden verfügbarer Software, die von vielen vielen Menschen weltweit freiwillig entwickelt und größtenteils unentgeltlich vorangetrieben wird, hat mich von jeher fasziniert. Mein Rechner soll mir gehören, gehorchen, mir zuverlässig dienen und ich möchte stets die volle Kontrolle über ihn und seine Aktivitäten haben. Entsprechend unwohl fühle ich mich 2011 im Angesicht des Apple iPads meiner Frau. Obwohl ich der festen Überzeugung bin, dass wir von der Entwicklung und rasanten Verbreitung des Tablet-PC sicher bald als technischer Evolution in den Geschichtsbüchern zu lesen bekommen werden, ist Apples geschlossener iOS-Microkosmos für mich alles andere als ein Sinnbild für Freiheit und Offenheit. Mein eigenes Tablet musste also her und ich schwor mir damals, einer der ersten zu sein, die ein „echtes“, lauffähiges Linux (zu Android komm ich später noch) auf einem Tablet haben würde. Eine Frage der Zeit…. immer schön am Ball bleiben und die Linux-News verfolgen.

Ende letzten Jahres dann bin ich auf das Plasma Active Project gestossen, bei dem eine touchfähige Oberfläche mit KDE zum Leben erweckt werden soll. Es gibt bereits ein offizielles, installierbares Release für einige wenige Geräte, unter anderem für Gen9 Tablets von Archos. Das besondere an Archos – auf seiner Webseite stellt dieser Hersteller eine spezielle Entwickler-Firmware für sein Tablet zum Download bereit. Damit, so heisst es, lassen sich andere Betriebssystem wie Plasma Active auf dem Archos Tablet installieren. Ein Hersteller, der die Linuxcommunity so unterstützt, hat auch meine Unterstützung verdient und so bestellte ich kurzerhand ein Archos 101G9 Tablet. Bald würde ich ein Linux-Tablet haben…

Endlich bringt der Paketdienst mein sehnsüchtig erwartetes Tablet, dessen Software ich sofort auf den neuesten Stand updaten lasse. Dann lade ich mir die Entwickler-Firmware herunter und lasse das Tablet damit booten. Auf dem Touchscreen erscheint eine Meldung „Cannot install, firmware is too old for your hardware. (221)“. Offensichtlich verbaut Archos neuere, geänderte Hardware in das 101G9, hat die Firmwareversion auf der Webseite aber noch nicht daran angepasst. Ich schreibe den Archos-Support an mit der Frage, ob man mir die Entwicklerfirmware für mein supermodernes Tablet zur Verfügung stellen könne. Die Antwort kam heute und sie war vernichtend: Herr über die Softwareversionen ist im Hause Archos der jeweilige Produktmanager und der sieht laut Technik-Support derzeit keine Veranlassung, die Firmware an den neuen Hardwarestand anpassen zu lassen.

Damit ist das, was von mir zu einem der ersten echten Linux-Tablets geadelt werden sollte, verdammt dazu, das vorinstallierte Betriebssystem zu nutzen – Android. Zwar basiert Android auf Linux, ist aber weder offen noch frei: Mein Smartphone hört im Auslieferungszustand auf Google, nicht auf mich und ohne es zu „rooten“, also mich in das Gerät zu hacken um Adminstratorrechte zu erlangen, kann ich nur auf die Software-Auswahl aus dem play-Store von Google zurückgreifen. Einen Apache-Webserver kann ich mir so nicht auf mein Tablet installieren – obwohl Android doch auch ein Linux ist. Meine mobile Kommunikation unter Kontrolle von Google? Ich werde mich wohl mit dem Rooten beschäftigen müssen, sonst wandert das Tablet wohl oder übel in mein persönliches Technik-Museum.

Schlecht ist das Archos Tablet jedenfalls auch unter Android nicht – verglichen mit dem iPad meiner Frau habe ich nie gekannte Freiheiten: Die Digicam einfach per USB ans Tablet gehängt und die Bilder von der SD-Karte browsen. HDMI-Kabel angesteckt, der Fernseher schaltet sich ein und zeigt das Bild, das auch das Tablet zeigt – welch Videovergnügen. Das ganze lässt sich dann dank Archos-App sogar von jedem Android-Smartphone aus fernbedienen. Last but not least: Fileserver im Heimnetzwerk browsen und Dateien von dort betrachten, bearbeiten, weiterbenutzen.

Und doch ist mein erstes Tablet jetzt „nur“ ein Android von Google und das müsste nicht sein, wenn Archos nicht auf der Homepage superduper-Linuxsupport versprechen würde, den sie für die aktuell ausgelieferten Geräte aber nicht bieten können. Und wenn man nicht das bekommt, was einem versprochen wurde, dann ist das doch wohl echt zum Kotzen…

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  1. […] mich DER Lichtblick zwischen all den Horrornachrichten aus der IT-Branche: Bald bekomme ich endlich mein Linux-Tablet!!! Ubuntus System “Ubuntu Touch” für mobile Endgeräte steht kurz vor der Marktreife. […]

  2. […] Developer Edition Firmware” für mein Archos 101 G9 Tablet bereitgestellt. Jetzt wird mein Android-Tablet ein Linux-Tablet auf Plasma! Weil so eine Installation – immerhin handelt es sich um eine […]

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